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Pressemitteilung
AG DOK kommentiert Intendanten-Beschluss zu dokumentarischen Sendeplätzen im "Ersten"
Pressemitteilung vom 30.11.2010
vom 30.11.2010
"Ein Meisterwerk im Nebelwerfen"
In einer Presseerklärung feiert die ARD nach der Intendantenkonferenz vom 29. und 30. November ihren Einsatz für den Dokumentarfilm. Dort heißt es unter anderem:
"Das Erste bleibt seiner Tradition treu und wird auch künftig zwölf 90-minütige Dokumentarfilme im Jahr ausstrahlen. Noch bessere Chancen eröffnet das neue Sendeschema den inhaltlich hoch anspruchsvollen Dokumentationen und Features, die bislang mittwochs um 23.30 Uhr gesendet werden. Diese Filme werden künftig montags nach den „Tagesthemen" um 22.45 Uhr eingesetzt, beginnen also 45 Minuten früher. Und die Dokumentationen, die bisher am Montag um 21.00 Uhr platziert sind, fallen nicht ersatzlos weg: Vor allem Doku-Reihen werden künftig verstärkt in der talkfreien Zeit eingeplant. So wird etwa die Reihe „Deutschland, deine Künstler" auch in 2011 mit mindestens fünf weiteren Folgen fortgesetzt."
Das ist Desinformation. Der Informationsgehalt dieser Mitteilung reduziert sich auf folgende Aussage:
1. Wir machen trotz aller Proteste was wir wollen.
2. Der (sehr späte) Mittwochs-Sendeplatz für Dokumentarfilme entfällt ganz.
3. Die Montagsdoku wird von 21.00 auf 22.45 Uhr verlegt - sie beginnt also 1 Stunde und 45 Minuten später. Während gegen 21 Uhr insgesamt über 30 Mio. Menschen fern sehen, sind es gegen 22.45 Uhr weniger als die Hälfte. Die Quote gegen 22.45 müsste also mehr als doppelt so hoch sein wie bisher. Erst dann hätte man die gleiche Reichweite, mithin die gleiche gesellschaftliche Relevanz.
4. Im Sommerloch soll dass seitherige Sonderprogramm langer Dokumenmtarfilme weiterlaufen, vielleicht auch ein paar dokumentarische Reihen, wie "Deutschland, Deine Dokumentarfilmer". Wie viele das sein werden, verraten wir aber nicht.
Die AG DOK kommentiert diese Botschaft wie folgt:
Die ARD-Erklärung zur neuen Sendestruktur im „Ersten“ ist ein Meisterstück im Nebelwerfen. Die Streichung eines kompletten dokumentarischen Sendeplatzes wird dadurch verbrämt, dass ein Mittwochstermin auf den Montag rückt – offenbar hofft man, dass der systematische Ausstieg aus der filmischen Darstellung der Wirklichkeit dadurch weniger auffällt. Die Ankündigung, solche Programme vermehrt in den Sommer zu legen, ist erstens keine Neuigkeit, sondern längst Programm-Realität - und zweitens verhöhnt sie all jene, die von der ARD ein erkennbares, ernsthaftes und dauerhaftes Engagement für den Dokumentarfilm fordern. Dokumentarisches Fernsehen ist nicht „zweite Wahl“ und kein Lückenbüßer für die Saure-Gurken-Zeit, sondern er steht im Kernbereich des öffentlich-rechtliche Programmauftrags. Ihn aus der Versenkung zu holen, wenn das Publikum gerade im Biergarten sitzt und die Talkshows aus gutem Grund Pause machen - und das auch noch als "Aufwertung" zu verkaufen, offenbart den Zynismus des ARD-Programmchefs, der sich offensichtlich über alle Kritik erhaben fühlt.
Thomas Frickel
Vorsitzender und Geschäftsführer
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