AG DOK - Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm e.V.
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Medienpolitik
„Filmförderung muss neue Impulse setzen!"
Thomas Frickel im Interview mit promedia
vom 23.11.2015
Der Vorsitzende der AG DOK, Thomas Frickel, im Interview mit dem medienpolitischen Magazin promedia, in dem er ein Umdenken von Kinobetreibern, Dokumentarfilmern und der Politik fordert: „Wir brauchen mehr Filme, die von Anfang an für ein Kinopublikum gedacht und gemacht werden und nicht als Umwegfinanzierung für das Fernsehprogramm bei der Förderung landen. Man sollte künftig mehr zusammen denken und übergreifend entwickeln. Dazu gehört auch, in der Auswertungsphase probeweise übergreifende Auswertungsformen zum Beispiel für den Dokumentarfilm zuzulassen“, so Frickel im Interview mit promedia-Chefredakteur Helmut Hartung.
Hier gehts zum Interview in voller Länge.
Auszug aus dem Einstieg:
promedia: Herr Frickel, das Dokumentarund
Kunstfestival Leipzig ist gerade mit
einem Besucherrekord zu Ende gegangen.
Über 100 Vorstellungen waren ausverkauft.
Woher kommt das große Interesse am
Dokumentarfilm?
Frickel: Es ist das anhaltende Interesse
eines mit fiktionalen Stoffen übersättigten
Publikums an der Wirklichkeit, an wahren
Geschichten. Schon die Bänkelsänger auf
den Jahrmärkten haben es ja verstanden,
mit dem Wahrheitstopos das Interesse der
Menschen zu wecken, denn nichts ist
interessanter, als anderen Menschen bei der
Bewältigung ihres Lebens und ihrer
Probleme zuzuschauen. So ein Festival
macht den Dokumentarfilm aber auch zu
einem besonderen Ereignis und fokussiert
die Aufmerksamkeit. In Leipzig ist der
Dokumentarfilm schon sehr lange eine
kulturelle Attraktion, er hat sich dort
etabliert. Diese Tradition und diese Haltung
fehlen uns leider im Fernsehen.
promedia: Warum sieht man, trotz des
großen Interesses, so wenig Dokumentarfilme
im Kino?
Frickel: Im Kino gibt es durchaus Dokumentarfilm-
angebote. Es starten ungefähr 80
neue deutsche Dokumentarfilme im Jahr.
Richtig ist allerdings auch, dass die meisten
davon kaum wahrgenommen werden. Das
Problem ist, dass die Programmierung
immer schlechter wird. Vor einigen Jahren
wurden Dokumentarfilme noch wochenweise
gespielt, heute sind die Dokumentarfilme
in den Kinoprogrammen nur sehr
schwer zu finden. Sie werden oft als
Lückenfüller benutzt. Und mit einer
einzigen Sonderveranstaltung kann man die
Aufmerksamkeit, die ein Film braucht um
sich zu entfalten, nicht erreichen. Wir sind
gerade dabei, die Ursachen hierfür zu
untersuchen und zu überlegen, wie sich der
Dokumentarfilm in der Struktur der
Programmkinos stärker wiederfinden kann.