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8.2 Protagonistenvereinbarungen

von Christian Füllgraf

Inhaltsangabe

  1. Einführung
  2. Allgemeines zu Einwilligungen
  3. Variationen
  4. Umfang der Einwilligung
  5. Form von Einwilligungen
  6. Minderjährige
  7. Autorisierung / Freigabe
  • 1. Einführung

    Suche eine Muster-Einwilligungserklärung bzw. -Einverständniserklärung bzw. -Rechteabtretung, die möglichst einfach und ‚wasserdicht‘ ist und den Protagonisten nicht abschreckt.

    So oder so ähnlich lauten viele Anfragen, nur ist es nicht möglich, all diese Anforderungen in einer Einwilligungserklärung zu erfüllen. So vielfältig dokumentarische Filme sind, so vielfältig sind auch Einwilligungserklärungen mit Mitwirkenden. Daher sieht die AG DOK davon ab, entsprechende Muster in der Knowledgebase bereit zu halten, da es vielfach auf den Einzelfall ankommt, was in einer Muster-Einwilligung bzw. –Einverständniserklärung enthalten sein muss.

    So kann sich auch eine Einwilligung, die richtig für ein bestimmtes Projekt ist, für ein anderes Projekt als völlig falsch erweisen.

  • 2. Allgemeines zu Einwilligungen

    Sofern ein Mitwirkender im Film nur als bloßer Interviewpartner erscheint, kann oft ein einfacher Satz ausreichen, wie zum Beispiel:

    „Ich willige ein, dass ich für den Dokumentarfilm mit dem Arbeitstitel XXX (Produktion: XXX FILM, Regie: XXX) als Interviewpartner in Bild und Ton aufgenommen werde und dass die Aufnahmen ganz oder teilweise in dem Film in allen bekannten und derzeit noch unbekannten Medien veröffentlicht werden dürfen, insbesondere im Kino, im Fernsehen, auf DVD/BluRay Disc und im Internet.“

    Diese Formulierung beinhaltet die erforderliche Einwilligung nach § 22 KUG, in dem das Recht am eigenen Bild (4.2.3  Recht am eigenen Bild) geregelt ist. Zudem ist damit auch die Einwilligung einer Tonaufnahme (4.2.5 Recht am gesprochenen Wort) umfasst.

    Der Filmproduzent ist immer beweispflichtig für den Umfang der erteilten Einwilligung, im Zweifel wurde eine Einwilligung für eine bestimmte Nutzung nicht erteilt.

    Kürzere Formulierungen, in denen nicht genauer bestimmt ist, wie der Film genutzt wird, bergen daher das Risiko, dass sich der Mitwirkende im Nachhinein darauf beruft, für bestimmte Nutzungen eben keine Einwilligung erteilt zu haben. Im Streitfall müsste dann ein Gericht über den Umfang der Einwilligung entscheiden.

    Einige Gerichte fordern zudem, dass dem Mitwirkenden bewusst ist, für welchen Zweck er die Einwilligung erteilt bzw. dass ihm der Inhalt des Filmes bei Erklärung der Einwilligung bekannt war.

  • 3. Variationen

    In der obigen Formulierung ist die Nutzung nur im Rahmen des konkret bezeichneten Films beschränkt. Dies soll dem Schutz des Mitwirkenden dienen, dass ‘seine‘ Bild- und Tonaufnahmen auch in anderen Produktionen genutzt werden können. Sollte also eine darüber hinausgehende Nutzung gewünscht sein, kann man die Einwilligung auch auf Folgeproduktionen zu dem ursprünglichen Film oder auch ganz allgemein auf andere Produktionen erweitern.

    Die oben genannte Formulierung könnte man dann für Folgeproduktionen [oder alternativ: für die Nutzung in anderen Produktionen] beispielsweise wie folgt abändern:

    „Ich willige ein, dass ich für den Dokumentarfilm mit dem Arbeitstitel XXX (Produktion: XXX FILM, Regie: XXX) als Interviewpartner in Bild und Ton aufgenommen werde und dass die Aufnahmen ganz oder teilweise in dem Film und auch in Folgeproduktionen, die auf dem Dokumentarfilm basieren, [alternativ: und auch in anderen Filmproduktionen] in allen bekannten und derzeit noch unbekannten Medien veröffentlicht werden dürfen, insbesondere im Kino, im Fernsehen, auf DVD/BluRay Disc und im Internet.“

    Es kommt aber häufig vor, dass der Protagonist eben nicht nur Interviewpartner ist, sondern auch seine Biografie in den Film einbringt. In dem Fall sollte dies auch konkret erwähnt werden, ggf. mit Beschränkungen, wenn der Protagonist bestimmte Aspekte seines Lebens nicht in die Öffentlichkeit bringen möchte.

    Falls der Protagonist darüber hinaus noch Darbietungen erbringt (Singen, Tanzen, Vortrag eines Gedichtes etc.), dann erwirbt er an seiner Darbietung eigene Leistungsschutzrechte des ausübenden Künstlers, so dass er diese Rechte auf den Filmproduzenten übertragen muss. Diese Rechteübertragung sollte mindestens die wesentlichen Nutzungsarten (insbesondere Kino, Fernsehen, DVD/BluRay Disc, Internet) enthalten, rechtssicherer ist allerdings immer ein ausführlicher Rechtekatalog. Auch hier gilt der Grundsatz, dass der Umfang der Rechteübertragung von dem bewiesen werden muss, der die Rechte nutzen möchte.

    Eine Rechteübertragung ist ebenfalls erforderlich, wenn der Protagonist für den Film eigene Fotos, Filme, Texte etc. zur Verfügung stellt, an denen er Urheber- und/oder Leistungsschutzrechte besitzt. Bei Fotos sind dann auch noch die Rechte anderer erkennbarer Personen zu beachten, auch bei Kinderbildern.

    Diese Rechteübertragungen können wahlweise gemeinsam mit der Einwilligung in einer Vereinbarung stehen, können aber auch in einem gesonderten Vertrag vereinbart werden.

  • 4. Umfang der Einwilligung

    Vielfach möchte der Protagonist nur eine eingeschränkte Einwilligung abgeben (z.B. nur für den einen Film), ein beteiligter Sender aber umfassende Nutzungsrechte erhalten (z.B. Klammerteilrechte zur Nutzung in anderen Produktionen, Bearbeitungsrechte etc.). Bei dem Erstellen einer Einwilligungserklärung sollte daher darauf geachtet werden, welche Rechte der Sender beansprucht. Danach sollten die Interessen des Protagonisten und die des Senders in Übereinstimmung gebracht werden, sei es durch Anpassung der Einwilligung oder durch Verhandlungen mit dem Sender mit dem Ziel einer Änderung des Produktionsvertrags.

  • 5. Form von Einwilligungen

    Grundsätzlich kann eine Einwilligung formlos erklärt werden, d.h. auch mündlich oder durch ein schlüssiges (=konkludentes) Verhalten. Dabei kann es aber problematisch sein, im Nachhinein den Umfang der Einwilligung beweisen zu können.

    Bei einer schriftlichen Einwilligungserklärung sollten immer der Name und die Anschrift des Protagonisten bzw. Interviewpartners auf der Einwilligungserklärung enthalten sein, damit die Unterschrift auch der konkreten Person zugeordnet werden kann.

    Zudem sollte das Datum enthalten sein, um den Zeitpunkt der Einwilligung bestimmen zu können. Falls eine Einwilligung rückwirkend abgegeben wird (Genehmigung), sollte dies ebenfalls vermerkt sein.

    Die Angabe des Ortes kann Rückschlüsse auf die Umstände der Einwilligung zulassen, ist aber grundsätzlich rechtlich für die Wirksamkeit der Einwilligung ohne Bedeutung. Eine gesetzliche Pflicht zur Angabe des Ortes gibt es nur bei einer notariellen Beurkundung (§ 9 BeurkG), der aber bei einer Einwilligung in Bild- und Tonaufnahmen nicht anzuwenden ist.

    Denkbar ist auch, eine Einwilligung vor Zeugen zu erhalten oder aber eine Einwilligung mittels Ton- und Bildaufnahmen zu dokumentieren (sofern der Protagonist mit der Aufzeichnung einverstanden ist).

  • 6. Minderjährige

    Bei Minderjährigen müssen die Sorgeberechtigten (in der Regel sind dies BEIDE !! Eltern) zustimmen. Ggf. muss auch der Jugendliche selbst seine Zustimmung erklären, so dass es der Einwilligung des Jugendlichen und seiner beiden Elternteile erfordert. Näheres dazu unter 4.2.1 Einwilligung bei Minderjährigen.

  • 7. Autorisierung / Freigabe

    Einige Protagonisten, vor allem medienerfahrene Personen, fordern das Recht einer Autorisierung bzw. Freigabe einzelner Aufnahmen, einzelner Szenen des Films oder gar des gesamten Films, z.B. im Rohschnitt.

    Ein rechtlicher Anspruch besteht darauf nicht. Der Umfang des Autorisierungs- bzw. Freigaberechts ergibt sich aus einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Protagonist und Produzent. Ein uneingeschränktes Autorisierungs- bzw. Freigaberecht zugunsten des Protagonisten ist aber nach Möglichkeit zu vermeiden, gerade auch wenn ein Sender beteiligt ist.

    Eine Formulierung könnte beispielsweise lauten:

    „Dem Mitwirkenden wird die Möglichkeit eingeräumt, die von ihm entstandenen Bild- und Tonaufnahmen zu sichten. Die Ansicht der Muster soll möglichst innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung der jeweiligen Drehphase gemeinsam mit dem Filmproduzenten und dem Regisseur erfolgen. Die genaue Festlegung eines Sichtungstermins erfolgt zwischen dem Mitwirkende, dem Filmproduzenten und dem Regisseur. Sofern einzelne Aufnahmen nicht in dem Film verwendet werden sollen, wird der Mitwirkende dies dem Regisseur bzw. dem Filmproduzenten nach der Sichtung mitteilen. Die nicht zur Nutzung freigegebenen Szenen werden in einem Protokoll vermerkt und entsprechend nicht verwendet."

    Falls ein detailliertes Exposé oder Treatment existiert, kann man ggf. auch daran anknüpfen und vereinbaren, dass ein Protagonist eine Autorisierung bzw. Freigabe nicht verweigern kann, wenn die Szene oder der Film im Wesentlichen dem Exposé bzw. Treatment entsprechen.

Letzte Aktualisierung 30.08.2016

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