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AG DOK KAMERATEST 2020

LOW-MID BUDGET

from 04.06.2020

 english version

Unser Dank für die Bereitstellung der Technik geht an Seeyourent, A Prima Vista, Canon, Sony, Cineready und die AG DOK Kollegen von der 5R Filmproduktion.

Der Trend zu Kleinbild (Full Frame, FF)-Sensoren, auch gerne Large Format (LF) genannt, setzt sich fort. Im 2019er Bericht erläuterten wir bereits die Vorteile dieser Sensorgröße.

Die neuen Kameras seit dem Frühjahr 2019 sind in diesem Test: Panasonic S1, S1H, Canon C500 II, Sony FX9, BM (Blackmagic) Ursa G2, Pocket 6K. Als Referenzen verwendeten wir die Arri Amira, Panasonic Eva1 und Sony FS7II (FS7 und FS7II liefern dieselben Bilder).

ca. Nettopreis [TEUR]
Fujifilm XT3 s35 1
Panasonic S1 FF 1,9
Blackmagic PCC 6K ca. s35 2
Panasonic S1H FF 3,4
Blackmagic Ursa G2 s35 4,8
Panasonic EVA1 s35 5,2
Sony FS7II s35 9
Kinefinity Mavo LF FF 9,5
Sony FX9 FF 11
Canon C500II FF 15
Arri Amira s35 31


Sony FX9 und Canon C500II sind keine Nachfolger von FS7 und C300II, sondern FF-Alternativen zu den S-35 Modellen, die am Markt bleiben. Die FS7II wird weiterhin von Sony hergestellt, Canon hat nach unserem Test als Nachfolger der C300II die C300III auf dem Markt gebracht. Die Mavo LF und Panasonic EVA1 sind nach wie vor die modernsten Geräte in dem Einsteiger-Produktionskamerasegment.

SETUP
Bei diesem Test kamen wir zurück zum bereits erprobten Studiosetup mit dem Arri HMI M18 und Softbox als Führung mit schwacher Aufhellung per Styro der Schattenseite. Zeiss Supreme Primes in 50 bzw. 35mm nutzten wir für die Vollformat bzw. S35-Sensoren. Für die richtige Lichtmenge sorgten Schneider Kreuznach IR-Cut-Graufilter in den Stärken 0.6, 1.2 und 1.8. Damit mögliche Farbverschiebungen für alle Kameras gleich sind, haben wir die internen ND-Filter, über die einige, aber leider nicht alle Kameras verfügen, nicht verwendet.

0, +1, +2-Belichtungen wurden mit dem .6 ND gedreht und waren daher IR-gefiltert. Für die stärkeren Belichtungen entfernten wir den ND, daher der Rotstich ab +3, IR-Kontamination der HMI.

Unterbelichtungen ab -1 erzeugten wir mit dem 1.2ND und ab -3 mit dem 1.8 ND. Der 1.2ND verursacht einen Gelbstich und der 1.8ND scheint bei manchen Kameras für eine Tendenz zum Grün verantwortlich zu sein.

Das Kontrastverhältnis betrug 1:22 (Schattenseite 4,5 Blenden dunkler als die Führungsseite).

Lichtmessung bei 1/50s, 800 ISO: Führung 16, Aufhellung 2.8 5/10, Tafel 11 3/10

VIDEOS
Wir drehten eine Reihe über 13 Blenden bei nativer ISO. Zusätzlich realisierten wir ISO-kompensierte Unterbelichtungen mit, soweit verfügbar, höherer dualen nativen ISO.

[ISO-Kompensation: Verstärkung des Signals per ISO von Unterbelichtungen auf das Niveau von +-0]

In der Regel verwendeten wir den jeweils besten Codec, ausgenommen bei der Ursa, die wir versehentlich bereits direkt in UHD drehten. Masterformat war UHD. Die 1 zu 1 Pixel Darstellungen basieren auf diesem Format, damit das Gesicht unseres Modells in gleicher Größe dargestellt wird.

Übersicht über die Videos:

Belichtungsreihen/Dynamikumfang (S1H 640 UHD, S1H 4000 ISO 6K, Canon RAW und XF-AVC)
Supersplitscreens Dynamikumfang
Verfügbares Licht
S1 vs EVA1 Dynamikumfang
S1 vs S1H vs S1H 6k
ISO-Kompensationen wo sinnvoll (bei Ursa RAW ISO ist nur Metadaten)

https://vimeo.com/showcase/6893346

 

Verwendete Codecs im Test:

 
Foto:
 

BEOBACHTUNGEN
Die beste Leistung bei wenig Licht zeichnet nach wie vor die Mavo LF aus. Ihre Bedienung ist jedoch etwas gewöhnungsbedürftig; die Kamera scheint aber (nach Erfahrung im Team) zuverlässig auch unter widrigen Bedingungen zu funktionieren. Sie wurde hier erneut getestet, da sich im 2019er Test mit den Sigma Cine Primes und DNG-RAW ein starkes Aliasing zeigte. Bei diesem Test mit Prores4444-Aufzeichnung und 6K konnten wir jedoch dieses Artefakt nicht mehr beobachten. Die Entwicklung der DNG-Aufzeichnung soll noch nicht abgeschlossen sein.

Sony FS7II fällt im Testfeld deutlich zurück. Die vergleichbare EVA1 bleibt die modernere Alternative. Ebenfalls im S35 Segment zeigt die Amira auch heute noch ihren überlegenen Dynamikumfang und ihre überzeugende Farbwiedergabe. Sie hat mindestens zwei Blenden mehr Dynamikumfang als die anderen Kameras. Sogar die neuesten Vollformatkameras FX9 und C500II können hier trotz der Sensorentwicklung der letzten zehn Jahre in Japan noch immer nicht aufschließen.

Die FX9 bietet mit der höheren nativen ISO von 4000 bessere, rauschärmere Low-light Bilder als die FS7. Weitere ISO-Stufen verstärken im Cine-EI Modus nicht das Bildsignal, sondern wirken sich nur auf das Sucherbild aus. Der Autofokus funktioniert sehr zuverlässig in klar definierten Situationen wenn das Gesicht gut zu erkennen ist, also z.B. für Interviews oder wenn jemand auf die Kamera zu läuft. Bei bewegeter Kameraführung in dokumentarischen Situationen kann man sich jedoch trotz verschiedener Menu-Optionen nicht darauf verlassen, dass die Kamera die richtige Schärfenebene auswählt, hier kann das nur als Unterstützung der manuellen Focuseinstellung eingesetzt werden. Enttäuschend ist, dass der Autofokus im S+Q Modus (SloMo) nicht funktioniert. Von der Ergonomie, Bedienung und Menuführung ist die Verwandtschaft mit der FS7 offensichtlich. Erfreulicherweise gibt es TC- und Genlockeingänge am Gehäuse, sodass die Anschaffung der Extension Unit für professionelles Arbeiten nicht unbedingt notwendig ist. Limitierend wirkt der alte XAVC-I Codec, den man aus der FS7 kennt. Auffällig ist der gelbliche Ton der FX9 (mit s709 LUT) und ihr relativ weiches Bild.

Sowohl bei Sony als auch Panasonic beobachten wir generell einen etwas ungezwungenen Umgang mit LUTs. Panasonic bietet eine "Varicam LUT" an, die seit Jahren nicht verändert wurde und auch für EVA1, S1H und selbst S1 verwendet wird, obwohl hier unterschiedliche Sensoren verbaut wurden. So scheint auch Sonys 709 LUT, ursprünglich für die Venice angeboten, für die FX9 nicht ideal zu sein.

Es sieht so aus, als ob die Entwickler hier auf den letzten Metern aufgeben. Unklar bleibt auch, wie die Farben von den Ingenieuren gedacht waren, bzw. ob überhaupt, über die technischen Parameter des Sensors hinaus, eine individuelle Ästhetik eine Rolle spielt. Arri verwendet den selben Sensor seit 2010, und kann es sich leisten, praktisch dieselbe LUT zu verwenden.

Die C500II zeigt bei guter Belichtung ein besonders scharfes Bild,  verliert jedoch mit zunehmender Unterbelichtung deutlich an Detailwiedergabe. Canons "Light-RAW" Codec generiert dabei ein starkes, farbiges Rauschen, was an die Bilder der C200 und C700 erinnert. Canon gibt kein natives ISO für die Kamera an, wir haben uns für 800 ISO entschieden, da Canon bei Log-Gamma 800 ISO empfiehlt "to obtain the recommended Dynamic Range" (400 ISO bei HLG oder Wide DR, 160 ISO bei Rec709). Der Autofokus funktioniert zuverlässig, nachdem man die in dieser Beziehung komplizierte Menuführung verstanden hat, begünstigt dadurch, dass man die Schärfeebene per Touchscreen auswählen kann. Dies setzt jedoch voraus, dass man den Viewfinderscreen nicht mit Okkular als Sucher verwendet, was insofern limitierend ist, als es nicht möglich ist, gleichzeitig den Canon Monitor und den Canon externen Sucher anzuschließen, jedoch einen fremd-Sucher. Die Entwickler würden jedoch an dem Problem arbeiten.

Durch die Beibehaltung der bekannten Ergonomie, Bedienung und Menuführung der C300/C500-Serie ist für Canon-User der Umstieg unkompliziert. Die Toneingänge sind im Gehäuse integriert. So kann die Kamera nach Entfernen des Handgriffs kompakter aufgebaut werden. Im Gegensatz zu den Vorgängermodellen ist die Kamera mit einem Wechselmount ausgestattet. Man ist nicht mehr auf EF-Mount-Objektive limitiert, sondern kann auf das vielfältige Angebot mit von Linsen mit PL-Mount zurückgreifen.

Die Blackmagic Pocket CC 6K konkurriert mit der älteren und teureren Ursa G2 aus dem gleichem Haus. Diese neueste Pocket ist spärlicher ausgestattet als die Ursa, gefällt aber durch etwas verbesserten Dydamikumfang und kommt, dank Ihrer dualen nativen ISO, deutlich besser mit Lowlight-Situationen zurecht. Auch die Ursa zeigt in den Schatten einen deutlichen Drift ins Grüne.

Die beiden DSLMs Panasonic S1 und S1H stellen den besten Einstieg in die Vollformat-Videographie dar.  Die etwas größere S1H ist im Hinblick auf Filmaufnahmen professioneller ausgestattet, bietet eine erheblich größere Auswahl an Aufnahmeformaten (auch in 10Bit und Slow Motion), das beliebte Ausklappdisplay, das auch mit der Kabelführung nicht in Konflikt gerät und einen Timecode Eingang. Die Bilder unterscheiden sich in UHD nur in der Schärfe. Die S1H zeichnet mit ihrem Low-Pass-Filter (zur Unterdrückung von Aliasing/Moiré) ein etwas weicheres Bild als die S1. Zwei Teammitglieder konnten jedoch bislang in ihrer Arbeit mit der S1 kein Aliasing feststellen. Im 6k-Modus ist die S1H jedoch schärfer als der S1.

Bei wenig Licht steht die Leistung von S1/S1H der Mavo LF kaum nach. Die Mavo LF bietet jedoch mehr Auflösung, selbst als die S1H in 6k. Grund für den Unterschied wird zum Teil der Codec sein: Prores4444 mit fast 2GBit/s der Mavo LF im Vergleich zum 200Mbit/s h265 der S1H. Eine S1 oder S1H mit externem Rekorder ergäbe einen interessanten Nachtest. In unseren Tests bot der 400Mbit-UHD-Codec gegenüber dem 150er bislang keinen Vorteil.

Eine S1 oder S1H mit externem Rekorder wäre für einen weiteren Test ein interessantes Setting. Tatsächlich soll eine neue Firmware ab Mai 2020 auch die externe Aufzeichnung in RAW in Verbindung mit dem Atomos Ninja V Recorder ermöglichen. Somit schließt die Kamera in technischer Hinsicht die Lücke zu professionellen LF Kameras und erweitert ihren Einsatzbereich.

Insgesamt verkörpert S1 das beste Verhältnis von Bildqualität und Preis und eignet sich mit ihrem Sensorstabilisator für freie Kameraarbeit. Die GH5, insbesondere mit Fokalreduktor, ist weiterhin die günstigere und leichtere Alternative, mit bekannten Einschränkungen aufgrund des deutlich kleineren Sensors. Das zeigt sich in geringerer Dynamik und schlechterem Bild bei wenig Licht. Eva1, S1, S1H, GH5, GH5s verdanken ihre Attraktivität unter anderem dem effizienten 10bit 422 150Mbit-h264-basierten Codec, den wir schon in der Vergangenheit lobten.

Die Fuji XT3 im gleichen Preisbereich, aber etwas größerem APS-C Sensor, gefällt zwar durch gute Farben bei ausreichender Belichtung, zeichnet jedoch mit einem schnittunfreundlichem 265/HEVC Codec auf, der Hardwaredecoding verlangt. Ähnlich stark komprimiert ist der 6K h265 200Mbit-Codec der S1H.

 

TEAM

Carolin Rähmer (Modell), Christopher Rowe BVK, Rasmus Sievers, Anne Misselwitz, Erik Wittbusch, Felix Trolldenier, Eberhard Spreng (Text)

 

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