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AG DOK - Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm e.V.
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D-60594 Frankfurt am Main
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„Inselfilmer“ in Bayern
Bericht zur Filmklausur 2024 + Ankündigung 2025
from 11.02.2025
Inselfilmer-Einladung 2025:
Filmegucken am See hat in Bayern mittlerweile schon eine lange und satte Tradition. In diesem Jahr (2025) sind wir wieder zurück auf der schönen alten „Fraueninsel“ im Chiemsee – unserem geheiligten Filmschrein der AG DOK Bayern – dem alten Kloster voller Wunder:
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Von Donnerstag, dem 25. September bis einschließlich Sonntag 28. September 2025
Anmeldung bitte so früh wie möglich an:
Peter Heller
filmkraft@t-online.de
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„Inselfilmer“ 2024 - ein Berich vom Ammersee
Von Kai von Westermann.
Das Wochenende mit dem Herbstanfang: Als hätte jemand einen Schalter umgelegt, scheinen die Schatten plötzlich länger zu sein, scheint die helle Sonne stärker zu blenden, weil sie schon so tief steht, scheint sich das immer noch leuchtende Grün der Blätter doch schon zu verfärben.
Überm See steht morgens dichter Nebel, schemenhaft schwimmen verankerte Boote auf dem Wasser. Die Sonne schimmert durch die Nebelwand wie ein kleines Dedolight durch dichte Frostfolie. Im Vordergrund die schwarzen Schattenrisse alter Uferbäume – ein Anblick wie ein Gemälde von Caspar David Friedrich. Diesmal gesehen am Ammersee, von der Terrasse der Bayrischen Verwaltungsschule in Holzhausen. Denn dieses Mal fand das jährliche Inselfilmer-Treffen der AG DOK schon im September statt. Vielleicht deswegen waren es dieses Mal weniger Teilnehmende (zwölf Personen) als in den Jahren zuvor. So war auch die Anzahl der präsentierten Filmarbeiten überschaubarer, als in den Jahren zuvor.
Zur Eröffnung am Freitagnachmittag wurde der Film Torch Party (3D, Farbe, 4 Min.) gezeigt. Man sieht Eindrücke von einer nächtlichen Masseninszenierung mit Fackeln, Lichtern und Feuerwerk in einem nordkoreanischen Stadion. Martin Hans Schmitt demonstrierte mit diesen Szenen die Möglichkeiten der nachträglichen Konvertierung von gewöhnlichen 2D-Aufnahmen in Bilder mit 3D-Effekt. Dazu muss das Publikum Anaglyph-Brillen tragen, mit jeweils einem roten und einem grünlichen Glas. Dieses Verfahren schränkt die Farbwahrnehmung stark ein, hebt also die eine Möglichkeit zur „wirklichkeitsgetreuen“ Aufzeichnung (Farbwiedergabe) durch den Einsatz einer anderen (räumliche Darstellung) auf. Entsprechend wurde anschließend diskutiert, ob und wo der Einsatz von 3D-Verfahren in der filmischen Arbeit sinnvoll sein kann.
Im Film Ich Ich Ich – Kriegskinder (2022, Farbe, 105 Min.) von Helmut Schulzeck erzählen drei Männer aus der Generation der um 1940 geborenen von ihrem Leben in der Zeit der jungen Bundesrepublik. Ihre Erzählungen sind sehr persönlich, gelichzeitig lassen sie ein allgemeingültiges und lebendiges Zeitbild entstehen.
Annika Hoch zeigte die Reportage Alltagsdroge Crystal Meth – Im Rausch der Dunkelziffer (2021, Farbe, 43 Min.). Es geht um Produktions- und Vertriebswege der Droge, die in allen Bereichen der Gesellschaft konsumiert wird. Undurchsichtigkeit und im Verborgenen handelnde Akteure erschweren die Bildgestaltung.
Am Samstag begann das Programm mit Peter Hellers Film Asikel – die Reise (1990, Farbe, 90 Min.) Er erzählt von der Wanderung eines Tuareg, der in der malischen Hauptstadt Bamako arbeitet. Einmal im Jahr kehrt er zurück in seine Heimat, die Wüste. Dort lebt seine Familie. Der weite Weg der Reise verdeutlicht den krassen Unterschied zwischen den Lebensverhältnissen in der Wüste und in der Stadt.
Andi Stiglmayr erforscht seit vielen Jahren, wie filmische Erzählkompetenz vermittelt werden kann – zum Beispiel an Bürgerinitiativen. Sie sollen ihre Vorhaben, deren Durchführung und Ergebnisse selbst filmisch vermitteln können, um Mitstreiter oder Behörden zu informieren und zu gewinnen. In seinem Vortrag Anders lernen zeigte er kurze Ausschnitte von solchen Projekten, unter anderem mit einer Schülergruppe.
Christoph Boekels zweiteiliges Filmessay Blicke in die Hölle (1999, Farbe, 90 Min.) untersucht, wie das Militärische und Krieg die Architektur beeinflussen, Landschaften formen und die Sprache prägen. Der Krieg manifestiert sich darin und dauert an – solange es etwas oder jemanden gibt, der sich daran erinnert.
Im Film Zollenspieker (2024, S/W und Farbe, 60 Min.) lässt Thomas Deuber drei Mitglieder eines Kollektivs die Geschichte ihrer Druckerei erzählen, die nach rund vierzig Jahren schließen musste. Obwohl die Druckerei während der Dreharbeiten nicht mehr existierte, wird ein deutlicher Eindruck von Idee und Arbeit des Kollektivs vermittelt.
Mit erzählender Kamera dokumentiert Matti Bauer im Film Die Flut, die Gutes tut (2023, Farbe, 43 Min.) wie fränkische Bauern ihre Wiesen bewässern, indem sie Flusswasser durch jahrhundertealte Kanäle leiten. So trotzen sie der Dürre des Sommers 2022. Uralte, traditionelle Wasserwirtschaft wird zum Anstoß, den Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft zu begegnen.
Am Sonntagvormittag stellte Wolfgang Landgraeber sein Buch Kritischer Journalismus im Kampf um Aufklärung vor. Dazu zeigte er Ausschnitte aus seinen Filmarbeiten, welche über Verstrickungen zwischen Waffenindustrie und internationaler Politik aufklären.
Alle Filme und Vorträge – gleich, ob lang oder kurz – wurden nach der Präsentation jeweils eine halbe Stunde lang kritisch besprochen. Das Programm der Inselfilmer zeigte auch dieses Mal und obwohl es weniger Filme waren als sonst, wie breit die Einsatzmöglichkeiten für dokumentarische Filme sind – zeitlich, inhaltlich, formal, medial und zwischenmenschlich.
Die „Güldene Renke“ für den besten Film erhielt in diesem Jahr Peter Hellers Film „Asikel – die Reise“.
Der Sonntagmittag war so schön warm und sonnig, dass zum Abschluss alle zusammen auf der Terrasse mit Blick auf den Ammersee gegessen haben.