AG DOK - Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm e.V.
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Alternative Finanzierungs- und Verwertungsmodelle
Inhaltsverzeichnis
Richtlinien
Product Placement wurde erstmals in der EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (Richtlinie 2007/65/EG) vom 11.12.2007 (AVMD-Richtlinie) auf europäischer Ebene geregelt.
Der Rundfunkstaatsvertrag (aktuell ist der Rundfunkstaatsvertrag (RStV) vom 31. August 1991 in der Fassung des 21. Rundfunkänderungsstaatsvertrags, in Kraft seit 25.05.2018), der die EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste in Deutschland umsetzt, gilt grundsätzlich sowohl für fiktionales und non-fiktionales Programm von öffentlich-rechtlichen wie auch von privaten Sendern. Derzeit ist eine Neuregelung der Audiovisuellen Medien-Richtlinie auf EU-Ebene geplant. Sie könnte u.a. eine Lockerung der Vorschriften für Product Placement bedeuten.
Aufgrund der Verpflichtungen im Rundfunkstaatsvertrag (§§ 16f, 46 RStV) haben die ARD-Rundfunkanstalten, das ZDF und die Landesmedienanstalten (für die privaten Sender) Richtlinien zur Durchführung der Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags zu Werbung, Sponsoring, Gewinnspielen und Produktionshilfe erlassen:
- ARD- Richtlinien für Werbung, Sponsoring, Gewinnspiele und Produktionshilfe vom 12.03.2010
- ZDF-Richtlinien für Werbung, Sponsoring, Gewinnspiele und Produktionshilfe vom 12.03.2010
- Gemeinsame Richtlinien der Landesmedienanstalten für die Werbung, die Produktplatzierung, das Sponsoring und das Teleshopping im Fernsehen (WerbeRL / Fernsehen) in der Fassung vom 18.09.2012, für die privaten Sender
Der Rundfunkstaatsvertrag verpflichtet unmittelbar die (Rundfunk-)Veranstalter*innen, mittelbar aber auch die Filmproduzent*innen, die im Auftrag eines Senders oder im Rahmen von Koproduktionen mit einem Sender Filme für diesen herstellen. Im Rahmen der Auftrags- und Koproduktionsverträge müssen sich Produzent*innen regelmäßig verpflichten, die jeweiligen Richtlinien der Sender zu Werbung, Sponsoring, Gewinnspielen und Produktionshilfe zu beachten.
Definitionen
Product Placement (Produktplatzierung): Kurz gesagt ist Product Placement die gekennzeichnete Integration von Produkten und Dienstleistungen in filmische Umfelder gegen Entgelt. Nach der Definition in § 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV ist „Produktplatzierung die gekennzeichnete Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken, Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Sendungen gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung mit dem Ziel der Absatzförderung. Die kostenlose Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen ist Produktplatzierung, sofern die betreffende Ware oder Dienstleistung von bedeutendem Wert ist“.
Nach der EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste ist das entscheidende Kriterium zur Unterscheidung zwischen „Produktplatzierung“ und „Sponsoring“ (vgl. nachfolgende Ziffer 3.) der Umstand, dass bei der Produktplatzierung der Hinweis auf ein Produkt in die Handlung der Sendung eingebaut ist, Hinweise auf Sponsoren dagegen während einer Sendung gezeigt werden, aber nicht Teil der Handlung sind.
Produktionshilfe oder Ausstattungsplacement: Vom Product Placement abzugrenzen ist die kostenlose Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen (auch Produktionshilfe oder Ausstattungsplacement genannt). Wenn der Wert der für den Produzenten kostenlosen Produktionshilfe ein Prozent der Produktionskosten sowie den Betrag von EUR 1.000,- überschreitet, wird die Produktionshilfe immer als Product Placement gewertet, weil damit ein „bedeutender Wert“ (s.o.) vorliegt (AVMD-Richtlinie 2010, Erwägungen, Ziffer 61).
Schleichwerbung: Im Gegensatz zum Product Placement fehlt es bei Schleichwerbung an einer Kennzeichnung der Integration von Produkten und Dienstleistungen im filmischen Umfeld gegen Entgelt.
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 8 RStV ist Schleichwerbung die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers*einer Herstellerin von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Sendungen, wenn sie vom*von der Veranstalter*in absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und mangels Kennzeichnung die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zweckes dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt.
Themenplatzierung: Der Rundfunkstaatsvertrag sowie die ARD- und ZDF-Richtlinien enthalten keine Definition zu Themenplatzierung. Nach den Richtlinien der Landesmedienanstalten ist Themenplatzierung
„a) die Programmintegration werblicher Aussagen bezüglich bestimmter Produkt- oder Dienstleistungsgattungen insbesondere gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung mit dem Ziel der Absatzförderung,
b) die Platzierung insbesondere wirtschaftlicher, politischer, religiöser oder weltanschaulicher Themen durch Dritte.“ (Ziffer 4 WerbeRL).
In der Praxis kann es vorkommen, dass Themenplatzierungen bei der Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen (NRO bzw. im Englischen non-governmental organization NGO) oder auch nichtstaatlichen Organisationen, wie z.B. Amnesty International, Greenpeace, dem World Wide Fund for Nature (WWF) oder dem Naturschutzbund Deutschland (NABU), vermutet werden.
Wesentliche Regelungen zu Schleichwerbung, Produkt- und Themenplatzierung
Der Rundfunkstaatsvertrag enthält
- gemeinsame Vorschriften für öffentlich-rechtliche und private Rundfunkveranstalter (§§ 1 – 10 RStV)
- Vorschriften für öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter ( §§ 11 – 19a RStV)
- Vorschriften für öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter ( §§ 20 – 46a RStV)
Regelungen zu Product Placement, Schleichwerbung und Themenplatzierung finden sich daher in § 7 Abs. 7 RStV (für öffentlich-rechtliche und private Sender), in § 15 RStV (für öffentlich-rechtliche Sender) und in § 44 RStV (für private Sender). Laut Rundfunkstaatsvertrag §7 (7) sind „Schleichwerbung, Produkt- und Themenplatzierung sowie entsprechende Praktiken ( …) unzulässig.“ (Ziffer 9.1 ARD-und der ZDF-Richtlinien; Ziffer 4 Abs. 3 WerbeRL/Fernsehen). Ausnahmen von diesem Verbot sind jedoch in § 15 RStV und in § 44 RStV vorgesehen. Falls eine der Ausnahmen greift, müssen zusätzlich sowohl bei öffentlich-rechtlichen als auch bei privaten Sendern die weiteren Voraussetzungen des § 7 Abs. 7 Nr. 1 bis 3 RStV erfüllt sein.
Ausnahmen für öffentlich-rechtliche Sender
§ 15 Zulässige Produktplatzierung
Abweichend von § 7 Abs. 7 Satz 1 ist Produktplatzierung im Rundfunk zulässig
- in Kinofilmen, Filmen und Serien, Sportsendungen und Sendungen der leichten Unterhaltung, die nicht vom Veranstalter selbst oder von einem mit dem Veranstalter verbundenen Unternehmen produziert oder in Auftrag gegeben wurden, sofern es sich nicht um Sendungen für Kinder handelt, oder
- Wenn kein Entgelt geleistet wird, sondern lediglich bestimmte Waren oder Dienstleistungen, wie Produktionshilfen und Preise, im Hinblick auf ihre Einbeziehung in eine Sendung kostenlos bereitgestellt werden, sofern es sich nicht um Nachrichten, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen, Ratgeber- und Verbrauchersendungen, Sendungen für Kinder oder Übertragungen von Gottesdiensten handelt.
Keine Sendungen der leichten Unterhaltung sind insbesondere Sendungen, die neben unterhaltenden Elementen im Wesentlichen informierenden Charakter haben, Verbrauchersendungen und Ratgebersendungen mit Unterhaltungselementen.
Ausnahmen für private Sender
§ 44 Zulässige Produktplatzierung
Abweichend von § 7 Abs. 7 Satz 1 ist Produktplatzierung im Rundfunk zulässig
- in Kinofilmen, Filmen und Serien, Sportsendungen und Sendungen der leichten Unterhaltung, sofern es sich nicht um Sendungen für Kinder handelt, oder
- wenn kein Entgelt geleistet wird, sondern lediglich bestimmte Waren oder Dienstleistungen, wie Produktionshilfen und Preise, im Hinblick auf ihre Einbeziehung in eine Sendung kostenlos bereitgestellt werden, sofern es sich nicht um Nachrichten, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen, Ratgeber- und Verbrauchersendungen, Sendungen für Kinder oder Übertragungen von Gottesdiensten handelt.
Keine Sendungen der leichten Unterhaltung sind insbesondere Sendungen, die neben unterhaltenden Elementen im Wesentlichen informierenden Charakter haben, Verbrauchersendungen und Ratgebersendungen mit Unterhaltungselementen sowie Sendungen in Regionalfensterprogrammen und Fensterprogrammen nach § 31.
Vorschriften für öffentlich-rechtliche und private Sender
§ 7 Werbegrundsätze, Kennzeichnungspflichten
[…](7) Schleichwerbung, Produkt- und Themenplatzierung sowie entsprechende Praktiken sind unzulässig. Soweit in den §§ 15 und 44 Ausnahmen zugelassen sind, muss Produktplatzierung folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit hinsichtlich Inhalt und Sendeplatz müssen unbeeinträchtigt bleiben,
- die Produktplatzierung darf nicht unmittelbar zu Kauf, Miete oder Pacht von Waren oder Dienstleistungen auffordern, insbesondere nicht durch spezielle verkaufsfördernde Hinweise auf diese Waren oder Dienstleistungen, und
- das Produkt darf nicht zu stark herausgestellt werden; dies gilt auch für kostenlos zur Verfügung gestellte geringwertige Güter.[…]
Interessant für Dokumentarfilmemacher*innen ist folgende Definition in § 15 RStV (für öffentlich-rechtliche Sender): „Keine Sendungen der leichten Unterhaltung sind insbesondere Sendungen, die neben unterhaltenden Elementen im Wesentlichen informierenden Charakter haben, Verbrauchersendungen und Ratgebersendungen mit Unterhaltungselementen.“ Bei privaten Sendern ist diese Definition in § 44 RStV noch ergänzt um Sendungen in Regionalfensterprogrammen und Fensterprogrammen, die somit der Definition ebenfalls keine Sendungen der leichten Unterhaltung darstellen.
Die genaue Abgrenzung zwischen Sendung der leichten Unterhaltung und den sogenannten Infotainmentformaten ist aber noch nicht geklärt. Von den typischen Dokumentarfilmgenres (Dokumentation, Reportage, Dokumentarfilm, Porträt, Essay, Doku-Soap, Doku-Drama, Collage) dürften aber nur Doku-Soaps überwiegend der leichten Unterhaltung zugerechnet werden (Dokumentarfilm-Genres gemäß Fritz Wolf: Alles Doku – oder was?, Düsseldorf 2003, S. 30 f).
Jedes Product Placement muss mit einem „P“ am Anfang der Sendung und nach jedem Unterbrecher-Werbeblock gekennzeichnet werden. Beim Ausstattungsplacement bzw. der Produktionshilfe ist das nicht der Fall. Hier wird dem Kunden*der Kundin in der Regel im Abspann für die Bereitstellung der Waren und Dienstleistungen gedankt.